Der erste Schultag in Niedersachsen - ein einschneidendes Erlebnis, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Geldbörse ihrer Eltern. Ranzen, Stifte, Mäppchen, Hefte, da kommen für die Erstausstattung auf einen Schlag knapp 300 Euro zusammen, trotzdem ist die Schultüte noch leer. Später drohen Kosten für Bücher, Taschenrechner Bus- oder Bahnfahrkarten, Ausflüge, Klassenfahrten, Mensaessen oder Nachhilfe. Bildung ist für viele
Familien kaum noch zu finanzieren. Und Arbeitslosengeld-II-Empfänger haben
nur für diesen einen Tag der Einschulung schon erheblich mehr Geld verbraucht, als ihrem Kind von Amts wegen für Bildung und Schule im ganzen Jahr zugestanden wird.

Mit Geld statt Grips zum Abitur

"Dabei können wir es uns überhaupt nicht leisten, auf die Talente auch nur eines einzigen Kindes zu verzichten. Gerechte Bildungschancen muss es für alle geben" sagen die SPD- Kandidaten Franz-Josef Kamp und Andrea Schröder-Ehlers. Im Jahr 2006 ist die Geburtenrate um weitere zwei Prozent gesunken, das Wehklagen über den Mangel an gut ausgebildeten Schulabgängern ist groß. "Und in dieser Situation können wir uns nicht erlauben, die Bildungschancen des Nachwuchses von Status und Geldbeutel der Eltern abhängig zu machen. Wenn begabte Kinder aus Mangel an Finanzen auf der Strecke bleiben, geht etwas ganz gewaltig schief."

Busemanns Griff in die Schultüte

Schlimm genug, aber Niedersachsen greift seinen Bürgern noch tiefer in die Schultüte. Hierzulande werden die Zukunftschancen unserer Kinder gleich von zwei Seiten in die Zange genommen, analysieren Schröder-Ehlers und Kamp die sich abzeichnende Misere. Auf der einen Seite kappt das Land wichtige Angebote. Stunden fallen aus, einige Schulen können die Unterrichtsversorgung zum Schuljahrsbeginn nur noch mit Aushilfslehrkräften gewährleisten. Den latenten Lehrermangel sucht Busemann über größere Klassen und schön gerechnete Statistiken zu vertuschen. Förderunterricht, Hausaufgabenhilfe oder Arbeitsgemeinschaften können kaum noch realisiert werden. Besonders hart trifft die Abschaffung der Lernmittelfreiheit. Bittere Früchte einer rigorosen Sparpolitik der Regierungskoalition unter Ministerpräsident Christian Wulff und Kultusminister Bernd Busemann.

Dieser Verknappung des Bildungs-Angebots in Niedersachsen stehen andererseits zahlreiche Eltern hilflos gegenüber, für die der Schulbesuch ihrer Sprösslinge ohnehin schon eine große finanzielle Belastung bedeutet. Wo man sich die Reparatur der Waschmaschine vom Munde abspart, stellen nicht nur die 300-Euro für die Einschulung, sondern auch Bücher oder der grafikfähige Taschenrechner für 100 Euro - er wird in der siebten Klasse verlangt - kaum noch zu überwindende Bildungshürden dar.

Sozialfonds als Sofortmaßnahme

"Wir brauchen unverzüglich einen Sozialfonds in Niedersachsen, aus dem Schulen Finanzmittel für Arbeitshefte, Schulmaterialien und die Teilnahme am Schulessen unbürokratisch abrufen können," fordern Andrea Schröder-Ehlers und Franz-Josef Kamp, als Sofortmaßnahme gegen den drohenden Bildungs-Bankrott. Damit können wir im Land relativ schnell einen Hebel ansetzen, die entsprechende parlamentarische Initiative bringt die SPD jetzt in den Niedersächsischen Landtag ein. Dieser Fonds soll Kindern aus einkommensschwachen Familien so lange auf ihrem Bildungsweg unter die Arme greifen, bis Berlin mit entsprechenden Bundesregelungen in den Sozialgesetzbüchern reagiert hat.

Zu den 'Erste-Hilfe-Maßnahmen', die schnell und gezielt greifen können, gehört auch die Kostenübernahme für die Schülerbeförderung, bisher endet sie mit dem Übergang in die Sekundarstufe II an weiterführenden Schulen. Die Kosten einer Monatskarte werden durch die Regelsätze der bundesweiten sozialen Sicherung nicht ausreichend abgedeckt.

"Das kann so nicht bleiben", meinen beide Landtagskandidaten gleichlautend, "jedes Abitur, das noch an einer unbezahlbaren Busfahrkarte scheitert, kommt die Steuerzahler und unser Land teuer zu stehen."

Sozialfonds und Kostenübernahme sollen nach Auffassung der SPD-Fraktion nicht nur Kindern von Leistungsbeziehern nach Sozialgesetzbuch und Asylbewerberleistungsgesetz zu gute kommen, sondern auch die Kinder derjenigen Eltern einbeziehen, deren Einkommen das steuerrechtliche Existenzminimum nicht überschreitet.

Ergebnisse statt Effekthascherei

Wer ernsthaft etwas für die Menschen im Lande erreichen will, muss sich an die richtigen Ansprechpartner wenden, weiß Kamp. Damit setzt sich der Abgeordnete und SPD-Fraktionssprecher im Lüneburger Kreistag auch kritisch mit diversen aber wenig konstruktiven Anträgen nach 'Beihilfen' für Arbeitslosengeld-II-Empfänger auseinander, die insbesondere von der linken Seite gern und regelmäßig im Lüneburger Kreistag eingebracht werden. Bestenfalls nur nett gemeint, könnten derartige Almosen nach Gutdünken oder Kassenlage des Landkreises das Problem weder lösen, noch werden sie den Menschen gerecht, die verlässliche Perspektiven brauchen.

Solcherlei Vorschläge können nur ins Leere gehen, weil nicht der Kreis oder die Stadt, sondern der Bund zuständig für die Regelung der sozialen Sicherungssysteme ist, das müssten die betreffenden Abgeordneten auch wissen, so Kamp. Auch deswegen fürchtet er, dass mit derartigen Forderungen auf Kreistags- und Stadtebene nur Effekthascherei auf Kosten der Betroffenen betrieben wird.

Wir nehmen Hannover und Berlin in die Pflicht

Das Problem ist erkannt, die 'Bildungsbremse Hartz IV' können wir nur in der Bundeshauptstadt lösen, so die beiden SPD-Kandidaten Schröder-Ehlers und Kamp, Berlin muss sich bewegen. "Die Reform unseres Sozialrechts ist ohne Zweifel in die richtige Richtung gegangen, dass sich bei einer so komplexen Operation nach einiger Zeit im Praxis-Test auch Schwachstellen herauskristallisieren, darf nicht verwundern. Die müssen umgehend korrigiert werden." Die Sozialgesetze sind Bundesrecht, die einzig richtige Adresse dafür ist Berlin. Und ihren direkten Draht in die Bundeshauptstadt wollen Schröder-Ehlers und Kamp in dieser Angelegenheit glühen lassen.

Wir brauchen schnelle, gerechte und effektive Lösungen für Niedersachsen. Doch beide befürchten, dass die derzeitige Landesregierung ihre Vorschläge nicht aufgreifen wird. "Nach einem Regierungswechsel in Niedersachsen wird eine SPD-geführte Landesregierung den Sozialfonds einrichten, die Änderung der Kostenübernahme in die Wege leiten." so Schröder-Ehlers und Kamp.