Mit der Euro-Krise befasste sich am Mittwoch, dem 2.3.2011, die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus, im Mälzer Brau- und Tafelhaus, und begrüßte dazu als Referenten Professor Dr. Thomas Wein von der Leuphana-Universität in Lüneburg. Der stützte seine Aussagen auf das Gutachten des Sachverständigen-Rates und stellte fest, die EU war und ist kein optimaler Währungsraum. Das sei allen von Anfang an klar gewesen. „Ökonomisch gesehen ist eine Währungsunion eine Vereinbarung fester Wechselkurse in integrierten Wirtschaftsräumen“, meinte Professor Wein und „das darin enthaltene Risiko sei unterschätzt worden. Die Probleme im Euro-Raum sind nicht durch die Finanzmarktkrise verursacht.

Er erläuterte die Grundstrukturen der Konvergenzkriterien im Vertrag von Maastricht. Am Beispiel Griechenlands zeigte er, dass trotz hohen Wachstums der öffentliche Haushalt nicht im Gleichgewicht war. Dazu kam die hohe Verschuldung der privaten Haushalte, die doppelt so hoch gewesen sei wie die des Staates. Es gäbe zwar Länder außerhalb des Euro-Raumes, die deutlich höhere Verschuldung hätten. Diese Staaten könnten mit Wechselkursänderungen reagieren. Das kann ein einzelner Staat innerhalb der europäischen Wahrungsunion nicht mehr. Er erläuterte, warum die Europäische Zentralbank (EZB) nur Politik für alle gemeinsam machen und nicht auf die Ungleichgewichte in den Zahlungsbilanzen einzelner Staaten innerhalb der Euro-Zone reagieren könne.

Im Euro-Raum hat jedes Land seine finanzielle Selbständigkeit behalten. Verschuldete Staaten hätten damit das Problem, dass sie bei Anschlussfinanzierung höhere Zinsen bezahlen müssen wie andere, obwohl sie sich das eigentlich nicht leisten können. So schossen im März 2010 die Zinslasten für Griechenland stark nach oben. Die EU half. Bereits im Mai 2010 war die Wirkung schon wieder verpufft. Die EZB erklärte am 6.5.2010, sie kaufe keine Staatsanleihen. Die Finanzminister beschlossen am 8./9.5.2010 die Einrichtung eines Schutzschirms. Die EZB begann am 10.5.2010 mit dem Ankauf von Staatsanleihen. Es drängte sich die Frage ob, ob es dazu eine Alternative gegeben hätte?

Eine Alternative wäre gewesen, so Professor Wein, dass einzelne Länder aus dem Euro-Raum austreten. „Das hätte nur einen Domino-Effekt ausgelöst. Am Ende hätte es keinen Euro mehr gegeben.“ Die andere Alternative wäre gewesen, dass einzelne Länder aus dem Euro-Raum ausgeschlossen werden. Das wäre nach Ansicht von Professor Wein nicht gegangen, weil die Banken der anderen Euro-Länder zu viele obsolete Staatsanleihen dieser europäischen Schuldnerländer im Portefeuille haben. Französische Banken seien sehr stark in Griechenland, deutsche Banken in Irland involviert. Ein Ausschluss hätte die nächste Bankenkrise ausgelöst.

Realistisch sei nur, dass Fehlentwicklungen in der Wettbewerbsfähigkeit der Schulden-Staaten beseitigt werde. Weil einzelne Länder innerhalb der Währungsunion nicht abwerten können, müssen Anpassungen auf anderen Gebieten erfolgen. „Es wird eine Anpassung der Arbeitskosten erzwungen, die Einkommen gehen runter“, so Wein. Solche Anpassungsprozesse sind sehr schmerzhaft. Das werden diese Länder nicht ohne Hilfe von außen schaffen. Es werde zu einem sogenannten „Hair cut“ kommen müssen, das heißt, die Gläubiger werden auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.

Professor Dr. Wein ist überzeugt davon, dass der Euro-Raum eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts braucht. Die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten seien sinnlos: „Wer Schulden hat, könne nicht noch mit Strafzahlungen bedroht werden, die zu nichts anderem führen, als dass die Schuldenlast noch höher wird.“ Er forderte stattdessen eine Insolvenzordnung für Staaten. Dazu müsste ein wirksamer Euro-Krisenmechanismus kommen. Der Austritt oder Rauschschmiss eines Staates könnte nur als Ultima Ratio in Frage kommen.

Seinem Referat schloss sich eine sehr lebhafte Diskussion an. Fragen wie z.B. „Warum im Euro-Raum die Inflationsrate nicht in allen Ländern gleich hoch ist?“ oder „Welche Kompetenzen müssten die Länder in der EU abgeben um alles im Gleichgewicht halten zu können?“, „Könnte die EU in einen Nord- und einen Südteil getrennt werden?“ bis hin zur Rolle der Rating-Agenturen wurden gestellt und beantwortet. Professor Dr. Wein meinte zum Schluss, dass die Agenda 2010 einen entscheidenden Anteil daran habe, dass Deutschland seine Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit behalten hat. „Darauf sollten wir auch als SPD stolz sein!“ (Siegfried Kubiak)