In Niedersachsen kocht die Bildungsdebatte aktuell durch die Einführung der Oberschule wieder hoch. Eltern und Schüler kommen nicht zur Ruhe, da lohnt ein Blick über die niedersächsischen Grenzen hinaus, um zu gucken, wie sich das Bildungsangebot auch bei uns verändern könnte.

Zu diesem Thema war auf Einladung des SPD-Unterbezirks Lüneburg Renate Jürgens-Pieper, Senato-rin für Bildung und Wissenschaft in Bremen und von 2003 bis 2007 Kultusministerin in Niedersach-sen, im Sporthotel Adendorf zu Gast.

Die Bildung in Stadtstaat Bremen befindet sich im Umbruch. Bei der letzten Pisa-Studie landete Bre-men nur auf Platz 16! Inzwischen wurde viel getan, es gibt nur noch 3 Schulen: Grundschule, Ober-schule und Gymnasium. Das gymnasiale Angebot liegt nur noch bei 20 %. Dazu Jürgens-Pieper: „Wir haben die Kehrtwende in der Bremer Bildungspolitik nur geschafft, weil wir einen Konsens geschaf-fen haben. Wir haben definiert, was gute Schulen sind, einen Schulentwicklungsplan erarbeitet und mit der Oberschule ein alternatives Angebot zum Gymnasium geschaffen.“ Dieses „Gemeinsam statt gegeneinander“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Bremer Reform. „Ich habe niemals eine De-batte über die Abschaffung der Gymnasien geführt, sondern immer nur um die Schaffung eines bes-seren Schulsystems“, so Jürgens-Pieper weiter. Wer in Bremen die Oberschule besucht, kann 13 Jah-re zur Schule gehen, auf den Gymnasien wird das Abitur bereits nach 12 Jahren geschrieben. Ein wei-terer Grund, warum sich die meisten Eltern für die Oberschule entscheiden. Kinder werden also nicht schon nach Klasse 4 aussortiert, sondern alle Schüler der Oberschule haben die Möglichkeit, das Abi-tur zu machen – anders als in Niedersachsen.

Getan hat sich auch viel bei der Inklusion: Behinderte Kinder werden in alle Schulen integriert, im 1. Anlauf wählten 67 % aller Eltern die Regelschule für ihr Kind, im 2. Anlauf bereits 87 %. Dazu wurden an den Regelschulen „Zentren für unterstützende Pädagogik“ integriert. Von Vorteil ist dabei die Koordination der Lehrkräfte und der Schulausstattung aus einer Hand. In Niedersachsen liegen die Einstellung der Lehrkräfte und die Schaffung und Ausstattung von Schulen getrennt bei Land und Kommunen – das macht eine Koordination schwer.

Renate Jürgens-Pieper möchte keinen zurücklassen. So wurden u. a. Regionale Beratungszentren für Schulverweigerer und die Werkschule für Schüler ab der 8. Klasse geschaffen. „Die Schulen sollen die Schüler aber nicht aussortieren oder abschieben, daher sind die Plätze in der Werkschule kapazitär begrenzt“, erklärt sie.

Auf die Nachfrage, ob das niedersächsische Oberschulen-Modell auch ein gangbarer Weg für eine bessere Schule ist, antwortete Jürgens-Pieper, dass das Angebot nicht gleichwertig mit dem der Bre-mer sei: „Eine Oberschule muss u. a. immer ein gymnasiales Angebot haben, das ist in Niedersachsen nicht der Fall.“

„Die Bremer Oberschule ist eine bessere Gesamtschule“, stellt Hiltrud Lotze abschließend fest und Jürgens-Pieper ergänzt: „Wir wollen noch besser werden, aber mit einem Billigmodell bekommt man das nicht hin, das muss klar sein.“ Das sieht auch Andrea Schröder-Ehlers, Landtagsabgeordnete, so: „Bremen hat trotz knapper Kassen ein vorbildliches Programm absolviert. Auch in Niedersachsen gab es den Versuch eines Konsens´. Aber die inhaltlichen Vorstellungen der Parteien waren zu verschie-den. Nun hat die SPD-Landtagsfraktion ihre Kriterien für gute Schulen festgelegt und wird deren Um-setzung verfolgen.“