Zu zwei Schulbesuchen hat die Bundestagsabgeordnete Hiltrud Lotze den Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Roland Jahn, nach Scharnebeck und Melbeck eingeladen. Mit den Schülerinnen und Schülern der Oberschule „Am Schiffshebewerk“ in Scharnebeck und des Gymnasiums Lüneburger Heide in Melbeck sprach er über seine Zeit als Oppositioneller in der DDR, die Arbeit des Stasi-Unterlagen-Archivs und die Bedeutung von Angst als Druckmittel.

„Im Stasi-Unterlagen-Archiv lagern 111 Kilometer Akten, 1,7 Millionen Fotos und rund 15.500 Säcke mit von der Stasi per Hand zerrissenem Schriftgut. Hinter jeder dieser Akten stehen menschliche Schicksale und Geschichten. Noch im Jahr 2015 haben über 62.000 Bürger einen Antrag zur Akteneinsicht gestellt. Das zeigt eindrucksvoll, wie aktuelle und bedeutend die Arbeit des Bundesbeauftragten immer noch ist“, sagt Hiltrud Lotze. Als Mitglied des Kulturausschusses ist die Bundestagsabgeordnete regelmäßig mit Roland Jahn im Gespräch und hat ihn in den Landkreis Lüneburg eingeladen.

In Scharnebeck und Melbeck ließ Roland Jahn die Schülerinnen und Schüler an seiner eigenen Biografie teilhaben. Als Oppositioneller in der DDR verhaftet und eingesperrt, wurde er nach seiner Entlassung 1983 gegen seinen Willen ausgebürgert und in die Bundesrepublik abgeschoben. Hier arbeitete er als Journalist, bevor er 2011 vom Bundestag zum Beauftragten für die Stasiunterlagen gewählt wurde.

Eindrucksvoll berichtete Roland Jahn von dem System der Angst, das die Stasi in der Bevölkerung installiert hatte. Angst hätte seine Freunde gegen ihn aussagen lassen, hätte normale Bürger zu Spitzeln und Verräter gemacht. Deshalb gelte für ihn heute: „Um eine Demokratie lebendig zu halten, braucht es ein Klima frei von Angst“. Roland Jahn betont auch, wie wichtig er einen fairen und vor allem rechtsstaatlich einwandfreien Umgang mit den Tätern hält. „Stasispitzel sind nicht nur Verräter gewesen. Wir müssen lernen zu verstehen, warum jemand so handelt wie er handelt. Je besser wir Diktatur begreifen, umso besser können wir Demokratie gestalten“.

Die Schülerinnen und Schüler hatten sich gut auf Roland Jahns Besuch vorbereitet, eine Plakatausstellung besichtigt und gemeinsam mit ihren Lehrkräften die DDR im Unterricht behandelt. Rege beteiligten sich die Zehnt- und Elftklässler an dem Gespräch mit Roland Jahn. Wie sei der Alltag in einem Gefängnis der DDR gewesen? Über wen hat die Stasi Akten angefertigt? Wurde Roland Jahn auch in der eigenen Familie oder dem Freundes- und Bekanntenkreis bespitzelt? Und gäbe es nicht immer noch viel zu viele Momente, in denen Angst die Vertretung der eigenen Meinung oder des eigenen Lebensweges verhindere? Das sind nur einige Fragen, über die die Schülerinnen und Schüler mit Roland Jahn diskutieren.